Sonntag, 18. Dezember 2016

Nach Fest kommt ab

Von allen kalendarischen Selbstgeißelungen, die der Mensch sich jedes Jahr aufs Neue auferlegt, ist Weihnachten definitiv die perverseste!
Drei Tage lang setzt man sich ungeschützt dem sozialen Nahraum, auch bekannt als „Familie“ aus, lediglich spärlich bewaffnet mit einigen Überraschungsideen von der Amazon-Resterampe, diversen Sorten brennbaren Trinkalkohols und die Aussicht auf „Stirb langsam 1 und 2“  auf Pro7.
Mit einem einmonatigen Countdown wird auf den Wahnsinn hingearbeitet, gespickt mit hirnrissigen Ritualen, die irgendwo angesiedelt sind zwischen blinden Konsumgehorsam und mildem Fundamentalismus. Aber was will man auch erwarten von einer Religion, deren zentrale Figur ein Kuckuckskind ist? Den Höhepunkt der Weihnachtszeit bildet dann eben ein 3tägiges Konklave.
Und damit auch jeder die gleichen Voraussetzungen hat, um den perfekte Nährboden für einen gepflegten Amoklauf zu bereiten, müssen alle mitmachen.

Als Christ denkt man sich eben: Weihnachten, das ist doch was für alle!
Schließlich feiert der Juniorchef Geburtstag und da darf dann auch der Moslem, Jude und sogar der Atheist drei Tage lang die Mauken hochlegen.
Es bleibt auch nichts anderes übrig, denn am 24. Dezember ab 14 Uhr geht erstmal nichts mehr in diesem Land und schon gar nicht im  Einzelhandel, der jeden Dezember wieder zum Massenhandel mutiert, in dem auch noch die kitschigste Dämlichkeit von einem außer Kontrolle geratenen Kundenstrom mit sich gerissen wird.
Dabei verteidigt die Frau jedes Jahr aufs Neue spielerisch ihren Titel als Meisterin der Kapitalbindung. Gleichzeitig bricht wieder ihr Dekorations-Tourette aus, das sie zwingt zu zeigen, wie viel Plunder man auf 36 qm2 sozialen Wohnungsbau verteilen kann.
Man hat sich aber daran gewöhnt, denn so geht es zu jedem religiösen Feiertag, oder wenn die Jahreszeiten wechseln, oder wenn das launige Antlitz des Eisprungs sich erhebt.
Nutzt man derweil eben die Zeit für „Stirb Langsam 3“ auf Kabel 1.
Für Tiere muss dieses Weihnachten allerdings mehr als verstörend sein. Natürlich nicht für die, die in ihrer eigenen Pelle eingerahmt von Kartoffelsalat mit dabei sind – für die ist die Sachlage klar. Ich meine eher die, die Streicheleinheiten auf der anderen Seite des Tellerrandes kriegen. Schon mal überlegt, wie qualvoll das Fest der Feste für einen Hund sein muss? Ich meine, was soll unser vierbeiniger Gassikönig denn bitteschön denken, wenn die Menschen, bei denen er lebt, plötzlich einen Baum mitten ins Wohnzimmer stellen? 
Aber in diesem Jahr ist es übrigens nicht irgendein Baum – nein, es ist ein Co2-neutraler Bio-Baum, ohne Chemie großgezogen und nachhaltig gefällt.
Und an seinen Bio-Ästen kommt der neue Christbaumschmuck, gefertigt mit feinsten chinesischen Kinderhänden, dann aber auch so richtig gut zur Geltung.
Die Zeiten, in denen Mutti am Vorabend der Weihnacht noch das Lametta glatt bügeln musste sind ja Gott sei Dank vorbei.

Weihnachtsbaum und Stammbaum


Aber die tuntig behangene Ziertanne ist nicht der einzige Baum, der einem während der besinnlichen Tage Arbeit bereitet.
Auch der eigene Stammbaum muss zum Christfest hinabgestiegen werden, um huldvoll die Ehrengarde der Altvorderen in ihren Residenzen abzuschreiten.
Und wer richtig Pech hat, der muss am zweiten Weihnachtsfeiertag auch noch Oppa und Omma mit dranhängen – verpasst dafür leider „Stirb langsam 4“ auf Tele 5, kommt so aber wenigstens aus dem Haus und Essen gibt es ja auch umsonst. Das verträgt der eigene Magen-Darm-Trakt zwar nicht, weil es nach wie vor frei ist von den industriellen Zusätzen, an die man sich über all die Jahre mittlerweile so gewöhnt hat, aber bei der Befeuerung, der unsere Magenschleimhaut in den letzten Tagen ausgesetzt war, spielt das auch keine Rolle mehr. Dennoch ist das Essen schon der angenehme Teil der Veranstaltung, denn Ommas Gesprächsradius erstreckt sich leider nur von ihren offenen Beinen bis hin zu der Tatsache, daß bei Oppa die Granu Fink nicht anschlagen.
Derweil erfreut Oppa die Familie mit der Wiedergabe diverser Weltkriegsdokumentationen aus seiner üppigen DVD-Sammlung und ist derart konzentriert bei der Sache, dass jedem klar wird, den Russlandfeldzug, den guckt er sich nicht nur so zum Spaß an. Nein, der Oppa macht ´ne knallharte Videoanalyse! Kennt man ja von der Fußball-Nationalmannschaft. Guckt man sich alles hinterher noch mal in Ruhe an, damit man es beim nächsten Mal besser macht.
Aber natürlich wäre das nix mehr für den Oppa – da kann der Guido Knopp noch so viele Motivationsvideos drehen.
So alt wie der Knochen wird eh kein Schwein. Der Oppa ist nämlich so alt, „Ernte 23“ ist für den nicht bloß eine Zigarettenmarke, nein, das ist auch eine ganz schlimme Kindheitserinnerung!
Auch wenn der Nachmittag zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl ist, er geht vorbei.
Und nach all dem Getöse ist es dann doch ganz schön, wenn man die letzten Zuckungen des Festes zu Hause aushauchen kann - zusammen mit den Resten des brennbaren Trinkalkohols und „Stirb langsam 5“ auf RTL2.  
Unter der Einwirkung von Bruce Willis Schauspielleistung und einem gepflegten Hirnzellenmassakers, keimt in einem dann auch die Gewissheit auf, dass jetzt erstmal Schluss ist mit christlichen Feiertagen. Zumindest mal bis Ostern.
Denn dann feiert der Juniorchef ja schon wieder Geburtstag. 

Mittwoch, 26. Oktober 2016

Sonne, Halbmond und Sterne!

Die Sorge einiger Mitmenschen um das Abendland treibt ja mitunter seltsame gedankliche Blüten, für die oft die wildesten Gerüchte als Dung herhalten müssen.
Wenn aus Rücksicht auf andere Glaubensrichtungen der St. Martinszug plötzlich „Sonne, Mond und Sterne-Zug“ hieße und der Weihnachtsmarkt nur noch unter „Wintermarkt“ firmierte, dann sähe der Abendländer seine heimatländliche Existenz nicht nur bedroht, sondern ausgelöscht.
Das irgendein versprengter NRW-Linker diesen aberwitzigen Vorschlag bereits 2013 für sich verbuchen konnte, ist dabei Nebensache. Und erst recht, dass er ihn kurz darauf bereits öffentlich bedauert hat. Wir bekommen ihn jetzt Dinner-for-one-mäßig jedes Jahr in der „Wir-sind-das-Volk“-Version wieder präsentiert.
Das Netzwerk-Schneeballsystem hat aus dem Hinterbänklergebrabbel mittlerweile eine Grundgesetzänderung gemacht, die direkt von Muslimen gefordert wird.
Mit dieser Kenntnislage ausgerüstet tritt man mutig seinen digitalen Kreuzzug an – und das manchmal sogar unter Klarnamen. Und falls man noch Hilfe bei Formulierung und Bebilderung braucht, bedient man sich bei den rechten Hetzwerkern vom Anonymus-Kollektiv auf Facebook.
Schließlich darf ja wohl offen von Diskriminierung gesprochen werden, wenn an alten, deutschen Traditionen zu St. Martin oder Nikolaus mit Rücksicht auf Ausländer gerüttelt werden soll.
Der Hinweis darauf, dass St. Martin Italiener und der Heilige Nikolaus ein Türke war, ist müssig.
Ich habe bis jetzt auch noch keinen Moslem gehört, der sagte:“ Ey, Ollum, den St. Martin mag isch nisch. Mach den weg!“
Da würde man vermutlich eher hören: “Ey, der St. Martin, was ist das, neuer DJ oder was?“

W-LAN-Router statt Fackeln

Nachdem wir jetzt geklärt haben, wer für derlei Vorschläge verantwortlich ist, schauen wir uns doch mal die Leute an, die sich am meisten darüber aufregen.
Bei den Leuten, die diese moderne Christenverfolgung anprangern, wird sehr schnell klar, dass sie nicht für, sondern ausschließlich gegen etwas kämpfen und dabei munter mit dem Strom schimpfen.
Sie kämpfen gegen etwas, das sie nicht kennen, den Islam und für etwas, das sie eigentlich nicht wirklich interessiert. Das Christentum nämlich. Aber, der Zweck heiligt die Hetze.
Man wirft sich schützend vor Bezeichnung und Feiertage, um die „christlichen Traditionen unseres Heimatlandes“ zu retten, obwohl diese überhaupt nicht bedroht werden und feiert anonym in Kommentarspalten Hetze wie Heldentaten ab.
Mit glühendem W-LAN-Router zündelt man munter wie bei der Hexenverbrennung - ist ja schließlich auch mal eine gute alte christliche Tradition gewesen.

Für all diese Hardcore-Jünger, die jetzt wieder den Blödsinn mit der Umbenennung von Martinszug, Weihnachtsmarkt oder gleich der Abschaffung des Heiligabends posten, also all die Scheinheiligen, die nach christlicher Tradition brüllen und sonntags dann trotzdem gerne ausschlafen, für alle die habe ich folgenden Vorschlag. Nein, eigentlich habe ich den Vorschlag für ALLE Religionszugehörigkeiten zu machen:
Wir schaffen die religiösen Feiertage ab – jeden einzelnen. Weg damit!
Dafür bekommt jeder zehn Tage mehr Urlaub.
Was bleibt ist der Tag der Deutschen Einheit und Silvester und das war es.
Dann könnte jeder frei entscheiden, an welchen Tagen er frei macht. 
Keine Zwangsstillegung des öffentlichen Lebens wegen Ostern zum Beispiel.
Dann würde ich gerne sehen, wer von unseren eifrigen Abendlandrettern an Pfingsten frei macht.

Denen, die es täten, könnte man dann jedenfalls ruhigen Gewissens einen schönen Feiertag wünschen. 


Vielleicht kann uns Bonnie "Prince" Billy in dieser Sache helfen:






Freitag, 14. Oktober 2016

No Country for Tengelmen...

Eigentümer kündigt Zerschlagung an!“ tönt es heute aus den Medien zum Thema Tengelmann.
Was für eine schön martialische Sprache beim Untergang eines Unternehmens doch benutzt wird.
Eigentümer kündigt Zerschlagung an, das klingt für mich nach einem Dreijährigen, weil der es ja auch meist vorher ankündigt, wenn er seinen Legoturm zerkloppt.
„Jetzt zerschlage ich den!“, ruft er dann.
Dem Dreijährigen geht es danach ja auch richtig gut.
Er bekommt von seinen Eltern sogar noch mehr Steine geschenkt, damit er woanders wieder aufbauen kann und nicht rumquengelt.
Nur die kleinen Legofiguren in dem Turm, der zerschlagen wurde, die kriegen die Macken ab.


"Sprechende Köpfe" hätten die Arbeitsplätze vielleicht gerettet...



Donnerstag, 29. September 2016

"Sorge dich nicht, zahle!" - Die High Definition der Abhängigkeit

Ist es nicht schon aberwitzig, dass wir uns an immer mehr unnötige Dinge gewöhnen und auch noch regelmäßig dafür bezahlen?
So ist der Verfasser dieser Zeilen stolzer Besitzer zweier HD Plus-Receiver, einen für das Wohnzimmer und einen für sein eigenes kleines Reich. Dort steht ein Fernseher, der fast ausschließlich für den Zeitraum der Sportschau am Samstag genutzt wird und ansonsten höchstens mit dem DVD-Player korrespondiert.
Beim Kauf der Receiver war jeweils eine HD Plus Karte inkludiert.
Also erfreute ich mich, für den spärlichen Zeitraum der Nutzung, an einer ziemlich guten Bildqualität.

Nach einem Jahr blieben dann plötzlich die Bildschirme schwarz und ein Hinweistext forderte auf, die HD Plus Karte zu verlängern. Entweder über das Internet oder eine Service-Telefonnummer.
Gebeutelt durch unzählige unbefriedigende Fernsprech-Service-Erfahrungen, wählte ich also die Webseite und erfuhr zunächst, dass es sinnvoll wäre, besagte Karten mit Kartennummern und Pincode anzumelden. Gesagt, getippt.
Beide Karten waren also registriert und ich konnte zum Kern kommen.
Die Verlängerung.
Nun erfuhr ich, dass ebendiese natürlich ihren Preis haben sollte.
Ganze 60 Euro solle man im Jahr dafür berappen, um nicht auf seine lieb gewonnene Bildqualität verzichten zu müssen.
Nach der ersten Fassungslosigkeit musste eine Alternative her.
Die war scheinbar schnell gefunden, denn natürlich kann man weiterhin alle Fernsehsender auch ohne High Definition Plus-Qualität empfangen. Allerdings ließ mich das Gefühl nicht los, dass sich nun unsere Receiver nicht mehr besonders viel Mühe gaben, um ein anschauliches Ergebnis auf den Bildschirm zu zaubern.
Einerseits will man ja nichts unterstellen, aber andererseits sind einem schon so gewisse technische Möglichkeiten zu Ohren gekommen…

So machen sie es heute, mit dem Abhängigkeits-Prinzip:
Man kauft dann einen Receiver samt der HD Plus Karte für über 100 Euro, darf es sich ein Jahr lang scheinbar umsonst in der Komfortzone gemütlich machen und soll dann jährlich schön weiter bezahlen, damit es bloß nicht ungemütlicher wird. Und das in meinem Fall mal zwei.
Alles natürlich unabhängig davon, dass die Fähigkeiten der Geräte in spätestens drei Jahren durch den technischen Fortschritt pulverisiert sein dürften.
Das ist ungefähr so, als kaufte man einen schnellen Sportwagen und müsste jedes Jahr eine Gebühr dafür bezahlen, dass man schneller als 100 Stundenkilometer fahren darf.
Mit dieser Entwicklung rechne ich übrigens in ganz naher Zukunft.
VW arbeitet vielleicht schon an dieser Software.

Ich für meinen Teil bin der Forderung meines Receivers nicht nachgekommen, habe aber dennoch eine Lösung gefunden: Meine Augen sind jetzt nämlich in einem Alter, in dem man sich einfach nur zwei bis drei Meter weiter weg vom Fernseher setzen muss, um seine ganz eigene High Definition zu haben.




Im Leben sollte es keine Abhängigkeiten geben, außer vielleicht...



Samstag, 10. September 2016

Ganz altes Tennis



Ich habe gestern zwei ältere Damen belauschen müssen, die in meiner unmittelbaren Nähe ein lautes Gespräch über Tennis führten.

„Du, die Kerber ist ja jetzt im Finale, ne.“

„Jau, die hat gewonnen. Aber die Gegnerin hat die Serena Williams auch weggefegt. 
Ich weiß nicht, ob die Kerber die auch packt.“

„Aber jetzt isse dann schon Platz eins. Die erste seit der Steffi.“

„Ja, aber mit der Steffi, da kommt die nich´ dran. 
Guck mal, die hat ja schon mit zwölf, dreizehn damals angefangen, mit ihrem Vater.
Und dann jahrelang immer auf der eins. Das ist schon was ganz anderes.
Da muss erstmal einer drankommen.“

„Ja, das war noch was. Auch der Boris Becker damals. Das waren ja noch Spieler.“

„Der trainiert ja jetzt den einen Jugoslawen da, Dirkowitsch, oder wie der heißt. 
Der spielt ganz gut. Das hätte der Becker mal schon früher machen sollen, anstatt 
den ganzen anderen Quatsch da.
„Autohausbesitzer“, so ein Blödsinn. Und dann auch noch im Osten. 
Wer kann sich denn da solche Autos leisten, die der Becker da verkauft hat. 
Das kann doch nur in die Hose gehen.“

„Ja, und wie der heute aussieht. So einen richtigen Fresskopp hat der gekriegt.“

„Und zwei neue Hüften auch. Kannste mal sehen, bringt dir gesundheitlich alles nix.
Weder das Tennis, noch die Kohle die man damit verdienen kann..“


Ich sah ein: wir sind und bleiben eine Tennis-Nation...


Anyone for Tennis - Cream



Montag, 5. September 2016

Das erste Mal tat´s noch weh... in Mecklenburg-Vorpommern.

Liebe Erstwähler in Mecklenburg-Vorpommern!

Ihr habt es geschafft, ihr habt das erste Mal bei einer Wahl euer Kreuz gemacht.
Ich finde das gut, wirklich. In Deutschland können wir dieses demokratische Recht wahrnehmen, müssen keinen König oder eine Militärdiktatur bestätigen, sondern dürfen frei wählen.
Viele von euch hätten das schon oft machen können, aber ihr seid gestern in die Wahlkabinen gezogen.
Und wie gesagt, ich finde das wirklich gut.

Aber, mal ehrlich: Das erste Mal wählen ist doch irgendwie wie der erste Sex, oder?
Ich meine, der ist doch eigentlich auch nie richtig gut.
Und mit der oder dem Ersten bleibt doch auch keiner zusammen.
Weil eine richtige Beziehung nämlich erst danach beginnt. Und dann merkt man schnell, dass die Substanz fehlt. Beim Partner und bei einem selbst. Es ging halt nur um den Sex.
Man braucht eben ein bisschen Erfahrung, muss Sachen ausprobieren, die Augen offen halten um den richtigen Partner finden, der einen nach dem Körperlichen auch noch interessiert und für den man auch interessant bleibt.
Nur schnelle und laute Nummern bringen uns auf Dauer nicht weiter.

Witzigerweise sind meist die Leute ein Leben lang zusammen, die sich am Anfang gar nicht mal leiden konnten. Es ist eben viel möglich, wenn man offen durch die Welt geht und sich kennen lernt.
Eure erste Wahl ist vorbei und nach viel Jubel und der Zigarette danach beginnt jetzt der Alltag. 
Guckt doch einfach mal, ob der euch auch gefällt, oder ob es nicht Möglichkeiten gibt, die besser zu euch passen.
Andere Parteien haben auch Programme, oder wenigsten überhaupt eines. Und bei einem davon findet ihr vielleicht sogar mehr als einen oder zwei Punkte, mit denen ihr übereinstimmt. Ich würde sogar darauf wetten.
Versucht es einfach mal, traut euch. Da draußen findet sich sicher etwas Besseres.

Geht weiter wählen – auch wenn das erste Mal daneben ging...







Dieser Clip ist aus dem Jahr 1990, als es in Mecklenburg-Vorpommern noch ganz anders aussah...




Donnerstag, 28. Juli 2016

Von Boy-Toys und Sugar-Daddys


Ein Phänomen unserer immer altersloser werdenden Gesellschaft ist das Paarverhalten diametral gegensätzlicher Altersgruppen und seine allgemeine Akzeptanz.
Hat man sich früher mit seinem Lebenspartner noch ein erbittertes Kopf-an-Kopf-Rennen um die Gute Seite des sauer ersparten Doppelgrabes geliefert, so findet man heute immer mehr „Seelenverwandte“, bei denen klar ist, dass einer der beiden demnächst auf natürliche Weise das Schaufel-Derby für sich entscheiden wird – und zwar mit mehreren Längen Vorsprung.
Im Regalfall ist es ja der Mann, der sich denkt: Ich kneife den Arsch so oder so eher zu, dann kann ich mir ja auch eine junge Frau suchen, mit der man zusammen alt werden kann – also bis sie 25 ist, jedenfalls. Besonders verbreitet und akzeptiert ist diese Praxis bei sogenannten „Prominenten“.
Sobald die Ehefrau-Version 1.0 eine unübersehbare Patina angesetzt hat, die sich auch operativ nicht mehr zurechtmetzgern lässt, zieht der, von Natur aus weiterhin begehrenswerte Grandseigneur schnell eine Zell-Erneuerung für Tisch, Bett und Blitzlichtgewitter in Betracht.
Diese ist auch schnell gefunden, denn jeder Großstadt-Disco-Kontakthof hält allabendlich williges Casting-Material für genauso diesen Zweck bereit.

Junge Frauen, für die das Erfolgsmodell „Promi-Sterbebetreuung“ oft die einzige Möglichkeit zum sozialen Aufstieg ist. Ihr Ziel ist klar definiert: Lieber der Q8 als Hartz 4.
Oder um es mit dem leicht abgewandelten Songtitel des alten Joy-Flemming-Hits zu sagen: „Ein Glied kann eine Brücke sein.“ Wenn die Nachwuchsfrau Glück hat, handelt es bereits um eine Hängebrücke. Und wenn nicht, egal, denn natürlich ist es Liebe und was machen da schon 35 Jahre Altersunterschied? Am Ende des Weges winkt neben dem Nachlass auch noch der „Simone-Rethel-Gedächtnis-Preis“.

Die Penispumpe des Silberrückens

Wie heißt es so schön:„Liebe macht blind“ und man möchte ergänzen: selbst dann, wenn die Nase bereits den Verwesungsgeruch wittert. Aufreizend schnell haben die jungen Dinger ihr neues Konto ohne Limit ins Herz geschlossen und nehmen es dafür auch in Kauf, von ihrem Silberrücken einmal die Woche in die Liebsschaukel eingespannt zu werden. Andere Bewegungsmuster der zielführenden Erotik verbietet die Konstitution der Körper-Ruine, aber selbst so keucht der heißgelaufene Bronchosaurus lauter, als selbst die Stadtmauern von Jericho es vertragen hätten.
Wenn es der angehenden Schmuck-Designerin mal zu bunt wird, hat sie immer noch die Möglichkeit, seine Penispumpe zu sabotieren oder die Viagra mit Schlafmittel zu strecken.
Das wirklich alle Schamgrenzen gefallen sind, zeigt die Tatsache, dass auch eine abgewetzte Ledertasche wie Peter Maffay noch den Modellwechsel schaffen kann, hin zu einem Geschoss, das nur unwesendlich älter ist als das Motorrad, das er sonst besteigt.
Man kann natürlich auch das Pech haben wie RTL2-Millionär Robert Geissen und muss seinen falschblonden Ehehobel bis zum bitteren Ende fahren. Und das, obwohl deren Lichtmaschine schon längst dem Kabelfraß anheim gefallen ist.

Anbaggern oder Sitzplatz anbieten?

Aber selbst wenn „das“ Carmen sich mal von ihrem Corega-Tabs-Fetischisten trennen würde, müsste sie dank ihrer Abfindung auch nicht auf Ersatz von der Frischfleischtheke verzichten. 
„Boy Toy“ ist da das Zauberwort.
Einen Boy Toy muss man sich vorstellen wie einen Vibrator mit eigenem Blutkreislauf.  
Eine prominente Frau, die ein ziemlich schiefes Lied über diese Art Jungmänner singen kann, ist Madonna, die schon länger als eine Art Ausbildungsbetrieb für juvenile Wechseljahresbegleiter gilt.
Ein wenig muss sich das konservative Auge noch daran gewöhnen, dass ein Jüngling sich verliebt an der Seite einer Frau zeigt, deren Altersklasse ihn normalerweise den Sitzplatz im Bus räumen lässt.
„Was den Mädels recht ist, mach ich in billig“, denkt sich der Trombosen-Torrero und lässt sich willig mit Klamotten einkleiden, die stets farblich auf die Nobel-Handtaschen seines Vintage-Weibchens abgestimmt sind.
Für diese männliche Version der Frischzellenkur hat man also mit „Boy Toy“ einen knuffigen Anglizismus gefunden, der auch gleichsam als Arbeitsplatzbeschreibung zu verstehen ist.

Ob die männliche Ausgabe der Bling-Bling-Lolita die gleiche Ausdauer an den Tag legen wird wie ihr weibliches Pendant muss abgewartet werden. Bis jetzt ist meines Wissens noch nie einer über den Status des Menopausenclowns hinweg gekommen und hat es bis zum bitteren Ende durchgezogen, was wohl daran liegt, dass man sich als alternde Diva mit Hilfe eines weitaus wichtigeren Mannes, nämlich des Chirurgen, oder wenn man so will, ihres Toy Boys dank Silikon und Botox zu konservieren weiß.


Nein, kein Song von Madonna, obwohl die Verlockung groß war...

Freitag, 8. Juli 2016

„Kaputt, kaputt, kaputt – das Spiel ist kaputt!“


Glückwunsch, die Franzosen stehen also im Finale ihrer EM – 
mit zwei echten Torchancen in 90 Minuten.
Ein Handelfmeter, den man sicher geben kann, keine Frage. Nur dann dürften sich die Schiris eigentlich bei jeder Ecke die Lunge aus dem Hals pusten und schon mal sporadisch auf den Punkt zeigen, weil irgendwas ist ja immer nicht ganz sauber.

Beim zweiten Tor sind dann nicht nur Neuer so aus wie ein Orchestermusiker, der bei seinem einzigen Beckenschlag am Abend den Einsatz ganz knapp verpasst.
So was passiert eben.
Das wirklich Bittere: Die deutsche Mannschaft hat ein richtig gutes Spiel gemacht, vielleicht sogar das beste des Turniers, wie Toni Kroos meinte. So ein Spiel darfst du eigentlich nicht verlieren. 
Was war also das Problem? Zu viele Ausfälle? Bei unserer Bank, nein. Chancen nicht genutzt? 
Liegt bei null Toren im Spiel auf der Hand.
Das wirkliche Problem wird schon das ganze Turnier über klar: Das Spiel ist kaputt.

Rückblende.
Erinnern wir uns mal an das EM-Turnier in Portugal vor 12 Jahren.
Spätestens nach dem 9er-Riegel der Franzosen gestern sind Ottos EM-Griechen von 2004 mehr als rehabilitiert. Was hat man damals auf die Defensivtaktik von Rehakles geschimpft und bewundert heute zwei Viererketten, die sich perfekt vor dem eigenen 16er verschieben
und erstmal nix anderes vorhaben als ein Fußballspiel zu verhindern. Moderne Spielweise, heißt es heute.
Die Folge ist aber Schablonenfußball á la Guardiola: Ballbesitz, Ballsicherung, Passsicherheit, Zuspiele im Dreieck. Verhindern, verhindern, verhindern anstatt zu riskieren.
Wäre der heutige Fußball eine Trinkspielvorlage, bei der man zu jedem Querpass einen Kurzen vernichten müsste, würden selbst Voll-Alkoholiker den Anstoß zur zweiten Halbzeit selten erleben.

Nur noch 9 gegen 9 -  Warum nicht?

Mal ehrlich, eine Sportart, deren Erfolg mittlerweile in einer dämlichen Einheit wie Packing errechnet wird, soll unser Herz erreichen? Nicht wirklich.
Man will jetzt nicht mit der Vergangenheit kommen, denn da gab es auch ganz gruselige Taktiken. Und die Zeit eines Horst Hrubesch ist nun mal vorbei.
Tatsache ist aber, das man sich heute noch an ihn erinnert und sich sicher sein kann, dass damals bei jedem Ball die Naht auf Spannung ging, wenn er in die Nähe von Hottes Birne geriet.

Heute ist der Stürmer eine aussterbende Spezies und gilt als wunderbares Beispiel dafür, dass Integration ins Mittelfeld funktioniert. Tore schießt man aber nun mal vorne.
Müssen wir wirklich unseren Kindern erzählen wie früher mal Fußball gespielt wurde, so mit
Stürmer und Abseitsfalle, damit diese Tradition wieder auflebt? Das wäre schade.
Wir könnten den athletischsten Fußball aller Zeiten erleben und bekommen leider zu oft nur den taktischsten zu sehen. Und das macht einfach keinen Spaß mehr.

Wenn das so weitergeht, dann muss man sich Änderungen überlegen.
Vielleicht nur noch 9 gegen 9 oder das Abseits abschaffen.
Sonst kann man sich als Fußballprofi gleich verbeamten lassen.

Oder, ihr macht das Spiel wieder heile, ihr Guardiolas und Tuchels, ihr Murinhos und Ancelottis.
Wie?
Geht´s raus und lasst´s Fußball spielen…


War früher der Fußball besser? Na, ganz früher wohl nicht...


Freitag, 17. Juni 2016

Neue Märchen braucht das Land!


Was hat man uns nicht alles schon für Märchen erzählt.
Ich meine damit jetzt aber nicht das von den „blühenden Landschaften“, das wir in den 90ern hörten oder das von Saddams Atomwaffen 20 Jahre später und auch nicht mein aktuelles Lieblingsmärchen: Das von der schwarzen Null.
 
Nein, ich meine die richtigen Märchen. Prinzessin, Königssohn, böse Stiefmutter, Hexe, Zwerge - diese Oldschooldinger, die Kindern ja auch immer den Sinn von Gut und Böse vermitteln sollten und die schon zu Grimms Zeiten so altmodisch waren, das die Brüder sie erstmal für ihre Sammlung aufpolieren mussten.
Aber seitdem hat auch keiner mehr was an den alten Märchen verändert. Sie werden noch genauso wortgetreu erzählt wie vor 200 Jahren.

Ich verstehe nicht, warum Märchen zeitlos sein sollten. Wenn sie Kinder wirklich etwas vermitteln wollen, dann müsste man sie doch ein wenig aktualisieren. „Pimp mein Märchen“, sozusagen.
Als ich meiner Tochter einmal Rotkäppchen vorlas, hatte ich genau diesen Gedanken und es überkam mich einfach beim Lesen.
Wir waren and der Stelle angelangt, in der Rotkäppchen den als Großmutter verkleideten Wolf fragt.
Also las ich vor:
»Großmutter, warum hast du so ein entsetzlich großes Maul?«
„Damit  ich dich besser fressen kann.«
Kaum hatte der Wolf das gesagt, so tat er einen Satz aus dem Bette und verschlang das arme Rotkäppchen mit Haut und Haaren.
Ende.
Und damit schlug ich das Buch zu.

Meiner Meinung nach wäre durch diese Kürzung der pädagogische Ansatz des Textes voll erfüllt. Geh nicht vom Weg ab und sprich nicht mit Fremden – oder Wölfen.
Meine Tochter konnte meiner Absicht leider noch nicht ganz folgen – sie war drei und fing fürchterlich an zu weinen. Aber trotzdem bin ich mir sicher, dass man die Märchen heute auch anders erzählen kann, ja sogar muss.

Jetzt mal ehrlich, ein Happy End hat doch noch kein Kind aufs Leben vorbereitet, oder?
Allein schon der Satz: „Und sie lebten zusammen glücklich bis ans Ende ihrer Tage“ enthält doch schon zwei dicke Lügen: Zusammen und glücklich! Damit überzeugt man eben kein Scheidungskind.  
Die neue Abschlussformel könnte lauten:
„Beide waren sie an diesem Tage glücklich und rauften sich zusammen bis ans Ende ihrer restlichen Tage, von denen es eine Reihe ziemlich gute und eine Reihe ziemlich schlechte und überwiegend durchschnittliche gegeben hat."
So lässt man die Kinder auch später nicht sehenden Auges ins Unheil rennen.

Die Bremer Stadtmusikanten vs DSDS

Gut, natürlich sollen Märchen auch die kindliche Phantasie anregen, klar.
Mit ein klein wenig Modifikation, etwas Weglassen oder auch etwas Hinzufügen könnte man aber
eine wunderbare Balance zwischen Phantasie und Realität herstellen.
Nehmen wir doch zum Beispiel mal die Bremer Stadtmusikanten.
Klar ist es schön wie das Märchen den Teamgeist beschwört, das man auch als Esel, Hund, Katze und Hahn, oder anders gesagt mit verschiedenen Migrationshintergründen zusammen eine Horde Verbrecher in die Flucht schlagen kann und so weiter und so fort.
Aber um der Realität Genüge zu tun, müsste man auch konsequent weitererzählen, dass die Mitglieder dieser tierischen Band  fortan ihr Dasein als Hartz-4ler fristen mussten, weil sie von ihrer Musik alleine natürlich nicht leben konnten.
Das ist der nötige Schuss Realität in der Geschichte und würde vielleicht auch den Casting-Show-Wahn etwas eindämmen.

Man könnte Schneewittchen mal auf den neuesten, technischen Stand bringen, und so subtil und früh schon auf die Gefahren des Internets hinzuweisen.
„Smartphone, Smartphone in der Hand, wer ist die Schönste im ganzen Land?“, fragt da die Königin.
Und Siri antwortet: “Frau Königin, Ihr seid die Schönste hier. Aber Schneewittchen hat auf Instagram 1000mal mehr Follower als Ihr.“
Daraufhin wird die Königin so eifersüchtig, dass sie Schneewittschens Account lahmlegt – und zwar mit ihrem Apple.

Ein anderes berühmtes Märchen könnte dazu dienen, die Geschlechtergrenzen niederzureißen.
Rapunzel wäre nämlich ein wunderbares Beispiel für die Gleichstellung von Mann und Frau, wenn der Zauberin auf ihr Bitten hin plötzlich ein 12 Meter langer blonder Hipsterbart aus dem Turm geworfen würde. „Rapunzer, Rapunzer, lass Deinen Bart herunter.“
Dann hätte auch der Gender Mainstream irgendwann eine Chance. 

Aber, wir sollten nicht nur an den alten Märchen herumschrauben, sondern auch jüngere Kindergeschichten nutzen, um unseren Kindern das Leben leichter zu machen – und das im wahrsten Sinne des Wortes
So ist „Die Geschichte von der kleinen Raupe Nimmersatt“ eigentlich eine perfekte Diät-Anleitung für das adipöse Kind. Aber natürlich nur, wenn man die Geschichte auch von hinten nach vorne liest.
„Und sie lebten schlank und glücklich bis ans Ende ihrer Tage.“


"Es war einmal...", so fangen sie ja an, die Märchen... Auf englisch: Once upon a time...


Dienstag, 31. Mai 2016

Milch macht müde Mercedesse munter!


In Zeiten der ökonomischen und ökologischen Krisen gilt es neue Wege zu gehen.
Das Öl wird knapp, das Geld ist es schon und Mutter Natur steht durch Raubbau und CO2-Ausstoß kurz vor der Null-Linie.
Auf der anderen Seite schütten erboste Milchbauern das Erzeugnis ihrer vierbeinigen Lebensgrundlage in den Gulli, weil das günstiger ist, als es in den Handel zu bringen.
Dabei gäbe es für all diese Probleme doch eine perfekte Lösung.

Milch statt Benzin!

Unsere Forscher sollten sich weniger mit dem Zumüllen des Alls beschäftigen, sondern vielleicht mal damit, wie man aus diesem natürlich nachfließenden Rohstoff einen Kraftstoff machen kann.
Der Milchpreis könnte konstant auf 80 Cent verbleiben. Kein unerwarteter Beschaffungspreisanstieg vor den Feiertagen, kein kollektives „Montagstanken“ mehr.
Die Teuerungsrate der Müslimilch wird locker durch den günstigen Kraftstoffpreis aufgefangen.
Quatschprodukte wie die „Milchschnitte“ würden als netter Nebeneffekt wohl ganz vom Markt verschwinden.

Man stelle sich vor, dass unsere Luft nicht mehr nach dem Vorhof der Hölle riecht, sondern nach Vanille-Milchshakes.
Und nicht nur Autofahrer und Bauer könnten dann aufatmen.
Die Wertschätzung für das gemeine Rindvieh würde überall auf der Welt hinduistische Ausmaße annehmen.
Die Wiederkäuer würden wieder eines natürlichen Todes, nämlich an Altersschwäche, sterben.
Unser aller Fleischkonsum würde auf ein verträglicheres Maß schrumpfen.

Der Preis für ein Tier würde extrem in die Höhe schnellen, um eine Selbstversorgung durch eine Privatkuh in Grenzen zu halten.
Die normale Versorgung wäre allerdings flächendeckend - jede Kuhweide eine Tankstelle.
Gut, die müssten natürlich bewacht werden, aber das bietet ja auch wieder Möglichkeiten für den Arbeitsmarkt.

Und was wird dann aus den Tankstellen? Nun, die könnten umrüsten, oder das bleiben, was sie eigentlich schon sind: Supermarkt-Bäckerei-Restaurants. 
Dann aber mit Platz für die Außengastronomie - wenn die Zapfsäulen erstmal weg sind.
So sehr man auch hin und her überlegt, diese Idee hat nicht einen Nachteil – es sei denn man ist von Beruf Scheich. Dann muss man eben trotzig weiter mit dem heimisch abgezapften Öl vorlieb nehmen. 

Wir aber packen die Kuh in den Tank!



Diesen Clip bitte mit glücklichen Kühen vorstellen:

Freitag, 27. Mai 2016

Die Schlagerparty… “The Singing Dead” im Discobeat


Es gibt eine Plage, die heute unser Land in etwa so schonungslos in ihrer Gewalt hält wie dereinst die Syphilis – und das ist die Schlagerparty.
Alles, was man dafür braucht ist eine Dorfdisco, eine Schützenhalle oder auch ein Mehrzweck-Veranstaltungszelt, dazu ein Helene-Fischer Lichtdouble und eine handvoll gebrochene Z-Prominente, die selbst für Scripted Reality-Formate schon lange nicht mehr tragbar sind und nun ihr Heil im Schutze des Halbplaybacks suchen.
Das Ganze abgerundet mit mehreren Hektolitern Alkohol in verschiedenster Ausführung und schon ist die Bude voll – im doppelten Sinne versteht sich.
Untermalt von Bontempi-Orgelklängen mit Stumpfbeat werden dem ortsansässigen Refrain-Vieh dann rudimentäre Textbausteine hingeworfen, die es auch dann noch mitbäuern kann, wenn sich IQ und Promillegehalt längst auf Augenhöhe befinden.

Obwohl sie der natürliche Antagonist des Rockkonzertes ist, wird die Schlagerparty auch von verhältnismäßig vielen Männern besucht. Warum die sich den testosteronzersetzenden Klängen ausliefern scheint klar: Schlagerparties bieten dem Mann die Möglichkeit, sich endlich mal wieder den Kitt aus den Sackfalten schlagen zu können – und sei es mit dem eigenen Ehe-Opfer. Nach 5 Stunden „Ausgelassenheit“ mit Begattungspolka, Stroboskop und jeder Menge Spaßgetränke, wie „Blow Job“, „Gangbang“ oder „Rosa Flittchen“, kann der Herr der Schöpfung zu Hause im Boxspringbett noch ganz ungestört eine Runde Koma-Sutra durchspielen, ohne auf Bedürfnisse der Gegenseite eingehen zu müssen. Das schaffen selbst die Herren, die das Gefühl „Atemlos durch die Nacht“ eigentlich nur noch kennen, wenn das Asthma-Spray zur Neige gegangen ist.
So vielfältig die Beweggründe für eine Mittäterschaft bei diesen Hohl-Happenings sind, so vielfältig sind auch die Stilarten des Schlagers, der ja heute gerne mal volkstümelig oder auch verpoppt dahersuppt.

Der Urmeter der deutschen Betankungsfröhlichkeit

Fast schon mit Wehmut denkt man an die veraltete, klassische Variante zurück, bei der „eine neue Liebe“ wie ein „neues Leben“ war und bei der Tränen immer die Wahrheit sagten. Hochphilosophie, verglichen mit der schlecht getakteten Reimschändung des heutigen Pop-Schlagers.
Den Urmeter dieser deutschen Betankungsfröhlichkeit findet man übrigens auf Mallorca in einem Schuppen namens „Bierkönig“. So der offizielle Name. Die Bezeichnung„Jürgen Drews-Mausoleum“ trifft es schon eher, denn noch immer verrichtet dort einmal in der Woche das Kopfweh-Ungeheuer seinen Dienst am Sangriaverseuchten Gröhl-Teutonen mit einer Beharrlichkeit, die den „König von Mallorca“ eher schon wie die „Queen Mum“ der Balearen erscheinen lässt. Allerdings gilt für Onkel Jürgen das Prinzip, wie für Iron Maiden in puncto Musik-Klischee: „Die dürfen das, die haben es schließlich erfunden. „

Nichtsdestotrotz liefert der Kornfeld-Kasper zusammen mit einer Heerschar weiterer, skurriler Animationstrolle schon seit Jahren den Soundtrack für zehntausende Ballermänner und Ballerfrauen, die sich wie eine offene Hose benehmen, nur weil sie auf Urlaub sind. Ursache und Wirkung scheinen auf Mallorca leicht zu verschwimmen. Hört man nun Schlager, weil man Alkohol getrunken hat, oder trinkt man Alkohol, weil man Schlager gehört hat? Egal, was muss, das muss und wer muss, der geht halt in den Pool.

Wer zwei Wochen lang dauersaufend den Tag mit seiner Anwesenheit verseucht und nachts  die Atmosphäre eines an sich friedlichen Feriendomizils mit debiler Besatzungsmusik schändet, um das Optimum aus seinem Urlaub rauszuholen, dem muss man sicher nicht mit indianischer Erkenntnis kommen. Und doch sollten für Malle-Urlauber dieser Prägung an Flughäfen Räume eingerichtet werden, in denen sie nach der Rückkehr sitzen und warten können, bis ihnen ihre Würde nachgereist ist.


Iron Maiden fragt hier zu Recht: Can I Play with Madness?

Donnerstag, 19. Mai 2016

Some Kind of Münster - In der Stadt der Speichenzecken


Wir alle kennen ja Dinge, die man unbedingt mal im Leben gemacht haben sollte.
Backpacking in Südost-Asien, Bungee Jumping, ein Tattoo stechen lassen, mit Delfinen schwimmen, sich selbst einen Einlauf verpassen und anschließend 30 Tage lang fasten, Baum bauen, Kind pflanzen, Haus zeugen – und ähnliches.
Wann immer ich von jemandem so eine Aufzählung höre, erweitere ich sie immer gerne um einen Punkt: Autofahren in der Innenstadt von Münster!
Wer das je macht hat, der ist auch bereit sich selbst einen Einlauf zu verpassen – und zwar direkt im Anschluss.

Man bekommt sehr schnell den Eindruck, dass die Stadtplaner den Kern dieser Tatort-Kulisse direkt als Verkehrshindernis angelegt haben.
Wie autofeindlich und verbaut die Stadt der Speichenzecken ist, durfte ich neulich wieder bei einem Auftritt dort erleben.
Nachdem ich mein Equipment aus dem Auto geladen hatte, welches ich zu diesem Zwecke direkt vor der Location parken durfte, fragte ich den Veranstalter, wo ich denn den Boliden für die Zeit des Auftritts Knöllchenfrei parken könne.
„Oh, wir haben einen Parkplatz direkt hintern Haus, am besten also da.“
Mein Blick fiel auf die imposante Hausfassade, die eine Hofeinfahrt vermissen ließ und ich fragte: „Wie komme ich denn hinter das Haus?“
„Also“, sagte der Veranstalter, „du fährst hier die Straße runter, biegst die nächste rechts ab und fährst weiter bis zum Kreisverkehr, okay?
Da dann die zweite Ausfahrt ab, in Richtung Rheine und dann die dritte Strasse wieder rechts, dann die zweite links und direkt zweimal rechts, bis ganz hinten an dem Schild "Anlieger frei" durchfahren – dann stehst du hier schon auf dem Hinterhof. 
Wenn du da bist, ruf mich kurz auf dem Handy an, dann mache ich hinten die Tür auf.“

Und so überließ er mich meinem Schicksal auf dem Weg durch den Wilsberg-Dschungel, auf dem ich mich natürlich, trotz seiner Angaben und Navi, glatt verfuhr und wahrscheinlich über kurz oder lang in Holland gelandet wäre, hätte mich der Veranstalter nicht schließlich per Handy durch Gassen gelotst, die nicht breiter als Kinderrutschen schienen. Nie wäre ich darauf gekommen, hinter diesen Pinkelrinnen Leben zu vermuten.
Nach der gefühlten Dauer eines amerikanischen Roadmovies parkte ich endlich meinen Wagen gute 12 Meter von der Stelle entfernt, von der ich vor Einbruch der Dunkelheit losgefahren war. 
Nur eben hinter dem Haus.

Zwar hatte ich nun eine plausible Erklärung für das Publikum, warum sich meine Auftritt um 20 Minuten verzögerte, auf Verständnis durfte ich aber nicht hoffen, weil die Leute natürlich alle mit dem Fahrrad da waren - pünktlich.


Hätte ich damals doch besser auf Peter Petrel gehört...


Dienstag, 10. Mai 2016

Schluss mit der Bierquälerei!


Bergfest einer Radtour im Biergarten bei Kaiserwetter.
Der Herr am Nebentisch gibt seine Bestellung auf.
„Ich hätte gern ein herkömmliches Bier!“
Das hat er wirklich gesagt: „herkömmliches Bier“.
Da ich noch auf meins warte, lasse ich mir erstmal die Worte des Herrn auf der Zunge zergehen
und komme nach einer kurzen Erheiterung zu dem Schluss, dass man heute wohl genau so sein Bier bestellen muss.
Herkömmlich. Punkt.
Keines dieser aromatisierten Panschverbrechen, derer sich mittlerweile ein Großteil der Brauereien in aller Welt schuldig machen, um sich ja auch noch dem seichtesten Gaumen anbiedern zu können.

Dienstag, 26. April 2016

Viele Träger sind der Hose Tod


Was haben wir damals gelacht, als Karl Lagerfeld meinte: „Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“
Seitdem ist leider vielen von uns das Lachen vergangen, weil immer mehr Leute immer öfter ihren Kontrollverlust gut sichtbar in aller Öffentlichkeit zur Schau stellen.
Keine Supermarktkasse, keine öffentliche Veranstaltung und auch kein Sonntagsspaziergang, ohne dass einem der stoffgewordene Mittelfinger präsentiert wird, dieses modische Manifest der Nachlässigkeit, das gleich die ganze Lebenseinstellung mitdefiniert.
 
Und das erstaunlicherweise von Männlein und Weiblein. Die Relaxbuxe ist quasi ein
„Fuck-you“ mit Gummizug für alle, die sich noch bemühen, einen Rest Zivilisation durch angemessene Kleidung aufrechtzuerhalten.
Okay, zumindest wird die Detailansicht auf den labberigen Couchbewohnerarsch durch den großzügigen Gesäßbeutelwurf verhindert, aber das ist nur ein schwacher Trost und zeigt außerdem das ganze Dilemma des Kleidungsstücks.
Niemand joggt in einer Jogginghose!

Sonntag, 3. April 2016

Frühling lässt die Laufhose wieder flattern durch die Lüfte

Gestern bin ich zum ersten Mal in diesem Jahr Laufen gewesen.
Nicht Joggen! Jogging, das ist wenn 
zwei oder mehr Personen sich zu einem etwas schnelleren Spaziergang im Freien verabreden und dabei dann die Sachen belabern, die man besser am Telefon besprochen hätte.
Ich rede also vom Laufen, ambitioniert und vor allem allein.
Und es geht wohl den meisten so, dass irgendwann im Frühjahr der Zeitpunkt kommt, wo man das Bedürfnis hat, wieder etwas körperlicher zu werden, nachdem man sich den Winter über als Endlager für Zucker, Fett und Alkohol durchgeschlagen hat und als einziger sportlicher Nachweis der gut sichtbare Abrieb der Knöpfe der Fernbedienung herhalten muss...

Montag, 14. März 2016

Warum wir uns nach dem AfD-Erfolg auch an die eigene Clownsnase fassen müssen

Was ist da gestern bei den drei Landtagswahlen passiert? 
Viele Menschen haben "gegen Flüchtlinge" gewählt, darunter viele, die sonst nie zur Wahl gegangen sind. Und sicher haben viele davon noch nie mit auch nur einem Flüchtling persönlichen Kontakt gehabt.
Sie haben die AfD gewählt, damit es auch so bleibt. 
Sie haben eine Partei gewählt, die notfalls auf Flüchtlinge schießen lassen würde.
Das die Wähler mit ihrer Stimme auch gegen den Mindestlohn, für Kita-Gebühren und
längere Laufzeiten von Kernkraftwerken, gegen Klimaschutz und eine höhere Reichensteuer gestimmt haben ist scheinbar zweitrangig.
Jetzt müssen sich etablierte Parteien die Frage gefallen lassen, wieso man es nicht geschafft hat, diesen Menschen den Frust, die Angst und auch die Uninformiertheit zu nehmen. Warum hat man den Menschen nicht klar machen können, dass die AfD eben keine Alternative ist? Dafür hätte man sich direkt mir ihr Auseinandersetzen müssen. 
Das ist nicht passiert. Jetzt muss man sich mit ihr auseinandersetzten und zwar im Landtag und vielleicht ist das genau das, was passieren musste, damit selbstgefällige Politiker von Alt-Parteien endlich aufwachen.
Jetzt müssen sie jeden Tag direkt gegen das gestrige Programm der AfD arbeiten und ich persönlich finde es eigentlich nicht schlimm, wenn Politiker sich mehr anstrengen müssen um Politik machen zu können.

Dienstag, 8. März 2016

Hochzeitstag oder Materialschlacht für zwei


Meine Frau und ich hatten kürzlich wieder unseren Hochzeitstag. 
Oder , wie ich auch schon mal im Scherz sage das „Jubiläum unserer vertraglich abgesicherten Zuneigung.“
Es war jedenfalls der Zehnte.
Auf der einen Seite fragt man sich da „wo ist nur die Zeit geblieben?“ und auf der anderen sind 10 Jahre ja Klacks, wenn man bedenkt, wie viele man noch vor der Brust hat, wenn alles gut läuft. 
Und jedes einzelne Hochzeitsjahr hat ja auch noch einen eigenen Namen.
10 Jahre ist Rosenhochzeit, habe ich jetzt gelernt. Und wenn man sich all die anderen Namen für Hochzeitstage anguckt, dann fällt eines schnell auf: die ersten Jahre sind ja fast nix wert. 
Das geht los mit der Papierhochzeit im ersten Jahr, später dann Baumwolle oder Zucker. Seide ist zwar schon wertvoller aber auch ein leichtes Material. Das schwere und richtig wertvolle Zeug kommt dann später, so ab den Zwanzigern. Silberhochzeit kennen wir ja alle, Perlen dann mit 30 und Gold für 50 Jahre Betriebszugehörigkeit in der Ehe.
Und genau das verstehe ich nicht: Warum wird es nach hinten hin wertvoller? 
Ist die Tatsache, dass man es überhaupt wagt, mit einem Menschen das Leben zusammen verbringen zu wollen nicht schon alleine Gold wert?