Donnerstag, 29. September 2016

"Sorge dich nicht, zahle!" - Die High Definition der Abhängigkeit

Ist es nicht schon aberwitzig, dass wir uns an immer mehr unnötige Dinge gewöhnen und auch noch regelmäßig dafür bezahlen?
So ist der Verfasser dieser Zeilen stolzer Besitzer zweier HD Plus-Receiver, einen für das Wohnzimmer und einen für sein eigenes kleines Reich. Dort steht ein Fernseher, der fast ausschließlich für den Zeitraum der Sportschau am Samstag genutzt wird und ansonsten höchstens mit dem DVD-Player korrespondiert.
Beim Kauf der Receiver war jeweils eine HD Plus Karte inkludiert.
Also erfreute ich mich, für den spärlichen Zeitraum der Nutzung, an einer ziemlich guten Bildqualität.

Nach einem Jahr blieben dann plötzlich die Bildschirme schwarz und ein Hinweistext forderte auf, die HD Plus Karte zu verlängern. Entweder über das Internet oder eine Service-Telefonnummer.
Gebeutelt durch unzählige unbefriedigende Fernsprech-Service-Erfahrungen, wählte ich also die Webseite und erfuhr zunächst, dass es sinnvoll wäre, besagte Karten mit Kartennummern und Pincode anzumelden. Gesagt, getippt.
Beide Karten waren also registriert und ich konnte zum Kern kommen.
Die Verlängerung.
Nun erfuhr ich, dass ebendiese natürlich ihren Preis haben sollte.
Ganze 60 Euro solle man im Jahr dafür berappen, um nicht auf seine lieb gewonnene Bildqualität verzichten zu müssen.
Nach der ersten Fassungslosigkeit musste eine Alternative her.
Die war scheinbar schnell gefunden, denn natürlich kann man weiterhin alle Fernsehsender auch ohne High Definition Plus-Qualität empfangen. Allerdings ließ mich das Gefühl nicht los, dass sich nun unsere Receiver nicht mehr besonders viel Mühe gaben, um ein anschauliches Ergebnis auf den Bildschirm zu zaubern.
Einerseits will man ja nichts unterstellen, aber andererseits sind einem schon so gewisse technische Möglichkeiten zu Ohren gekommen…

So machen sie es heute, mit dem Abhängigkeits-Prinzip:
Man kauft dann einen Receiver samt der HD Plus Karte für über 100 Euro, darf es sich ein Jahr lang scheinbar umsonst in der Komfortzone gemütlich machen und soll dann jährlich schön weiter bezahlen, damit es bloß nicht ungemütlicher wird. Und das in meinem Fall mal zwei.
Alles natürlich unabhängig davon, dass die Fähigkeiten der Geräte in spätestens drei Jahren durch den technischen Fortschritt pulverisiert sein dürften.
Das ist ungefähr so, als kaufte man einen schnellen Sportwagen und müsste jedes Jahr eine Gebühr dafür bezahlen, dass man schneller als 100 Stundenkilometer fahren darf.
Mit dieser Entwicklung rechne ich übrigens in ganz naher Zukunft.
VW arbeitet vielleicht schon an dieser Software.

Ich für meinen Teil bin der Forderung meines Receivers nicht nachgekommen, habe aber dennoch eine Lösung gefunden: Meine Augen sind jetzt nämlich in einem Alter, in dem man sich einfach nur zwei bis drei Meter weiter weg vom Fernseher setzen muss, um seine ganz eigene High Definition zu haben.




Im Leben sollte es keine Abhängigkeiten geben, außer vielleicht...



Samstag, 10. September 2016

Ganz altes Tennis



Ich habe gestern zwei ältere Damen belauschen müssen, die in meiner unmittelbaren Nähe ein lautes Gespräch über Tennis führten.

„Du, die Kerber ist ja jetzt im Finale, ne.“

„Jau, die hat gewonnen. Aber die Gegnerin hat die Serena Williams auch weggefegt. 
Ich weiß nicht, ob die Kerber die auch packt.“

„Aber jetzt isse dann schon Platz eins. Die erste seit der Steffi.“

„Ja, aber mit der Steffi, da kommt die nich´ dran. 
Guck mal, die hat ja schon mit zwölf, dreizehn damals angefangen, mit ihrem Vater.
Und dann jahrelang immer auf der eins. Das ist schon was ganz anderes.
Da muss erstmal einer drankommen.“

„Ja, das war noch was. Auch der Boris Becker damals. Das waren ja noch Spieler.“

„Der trainiert ja jetzt den einen Jugoslawen da, Dirkowitsch, oder wie der heißt. 
Der spielt ganz gut. Das hätte der Becker mal schon früher machen sollen, anstatt 
den ganzen anderen Quatsch da.
„Autohausbesitzer“, so ein Blödsinn. Und dann auch noch im Osten. 
Wer kann sich denn da solche Autos leisten, die der Becker da verkauft hat. 
Das kann doch nur in die Hose gehen.“

„Ja, und wie der heute aussieht. So einen richtigen Fresskopp hat der gekriegt.“

„Und zwei neue Hüften auch. Kannste mal sehen, bringt dir gesundheitlich alles nix.
Weder das Tennis, noch die Kohle die man damit verdienen kann..“


Ich sah ein: wir sind und bleiben eine Tennis-Nation...


Anyone for Tennis - Cream



Montag, 5. September 2016

Das erste Mal tat´s noch weh... in Mecklenburg-Vorpommern.

Liebe Erstwähler in Mecklenburg-Vorpommern!

Ihr habt es geschafft, ihr habt das erste Mal bei einer Wahl euer Kreuz gemacht.
Ich finde das gut, wirklich. In Deutschland können wir dieses demokratische Recht wahrnehmen, müssen keinen König oder eine Militärdiktatur bestätigen, sondern dürfen frei wählen.
Viele von euch hätten das schon oft machen können, aber ihr seid gestern in die Wahlkabinen gezogen.
Und wie gesagt, ich finde das wirklich gut.

Aber, mal ehrlich: Das erste Mal wählen ist doch irgendwie wie der erste Sex, oder?
Ich meine, der ist doch eigentlich auch nie richtig gut.
Und mit der oder dem Ersten bleibt doch auch keiner zusammen.
Weil eine richtige Beziehung nämlich erst danach beginnt. Und dann merkt man schnell, dass die Substanz fehlt. Beim Partner und bei einem selbst. Es ging halt nur um den Sex.
Man braucht eben ein bisschen Erfahrung, muss Sachen ausprobieren, die Augen offen halten um den richtigen Partner finden, der einen nach dem Körperlichen auch noch interessiert und für den man auch interessant bleibt.
Nur schnelle und laute Nummern bringen uns auf Dauer nicht weiter.

Witzigerweise sind meist die Leute ein Leben lang zusammen, die sich am Anfang gar nicht mal leiden konnten. Es ist eben viel möglich, wenn man offen durch die Welt geht und sich kennen lernt.
Eure erste Wahl ist vorbei und nach viel Jubel und der Zigarette danach beginnt jetzt der Alltag. 
Guckt doch einfach mal, ob der euch auch gefällt, oder ob es nicht Möglichkeiten gibt, die besser zu euch passen.
Andere Parteien haben auch Programme, oder wenigsten überhaupt eines. Und bei einem davon findet ihr vielleicht sogar mehr als einen oder zwei Punkte, mit denen ihr übereinstimmt. Ich würde sogar darauf wetten.
Versucht es einfach mal, traut euch. Da draußen findet sich sicher etwas Besseres.

Geht weiter wählen – auch wenn das erste Mal daneben ging...







Dieser Clip ist aus dem Jahr 1990, als es in Mecklenburg-Vorpommern noch ganz anders aussah...